Der Klimawandel und der damit im Zusammenhang stehende Klimaschutz erreicht inzwischen immer mehr Bereiche des öffentlichen und privaten Sektors. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) setzt sich zunehmend mit dem Thema auseinander, um einen Beitrag zu dieser globalen Herausforderung zu leisten. Doch wie kann eine Zentralbank effektiv Klimaschutz betreiben? Welche Mechanismen und Kanäle stehen ihr zur Verfügung? Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars mehr über die angestrebten Anstrengungen der EZB und die damit verbundenen Herausforderungen bei der Bewältigung der Klimakrise.

Von Kurt Neuwirth

Markt-Monitoring und Ausblick

Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor verharrt weiterhin im negativen Bereich und steht aktuell bei – 0,415%. Die EZB wird Ihre Geldpolitik weiter lockern. Bis Mitte 2020 erwarten wir deshalb einen weiteren leichten Zinsrückgang in Richtung – 0,50%.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz steht derzeit bei – 0,20%. Mit Sicht auf die nächsten 6-12 Monate rechnen wir eher weiterhin mit negativen, 10-jährigen SWAP-Sätzen.

Der Klimawandel und die EZB

Neben der Bemühung, ihren eigenen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren, versteht sich die EZB vor allem als Akteur, der Marktteilnehmer, Gesetzgeber und Standardsetzer bei der Identifizierung von Klimarisiken unterstützt. Darüber hinaus unterstützt die EZB die Entwicklung eines klaren Rahmens für den Umgang mit diesen Risiken. Hierfür engagiert sich die EZB in drei Zuständigkeitsbereichen. Im Rahmen der Bankenaufsicht treten Aufseher in Kontakt mit Banken, um das Bewusstsein für Klimarisiken zu schärfen und damit sicherzustellen, dass angemessen mit diesen Risiken umgegangen werden kann. Außerdem messen und bewerten Finanzstabilitätsexperten klimabedingte Risiken für das Finanzsystem, die der Öffentlichkeit mittgeteilt werden. Letztlich berücksichtigt die EZB im Bereich Finanzmarktoperation Nachhaltigkeitskriterien bei der Verwaltung der nicht zu geldpolitischen Zwecken gehaltenen Portfolios. So hat die EZB bereits Im Rahmen ihres Programms zum Ankauf von Vermögenswerten grüne Anleihen erworben.

Bei genauerer Betrachtung der beschlossenen Bemühungen wird deutlich, dass die EZB das konkrete Handeln anderen überlässt. Das liegt vor allem daran, dass alle einschneidenden Maßnahmen mit dem eigentlichen Mandat der Preisstabilität einhergehen müssen. Trotzdem besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Preisentwicklung und dem Klimawandel. Extreme Wetterbedingungen könnten zu großen Konjunkturschwankungen führen und in einem Anstieg von Lebensmittelpreisen enden. Ob damit ein direktes Eingreifen der EZB gerechtfertigt ist, bleibt fragwürdig. So fordern einige Stimmen, dass die EZB im Rahmen ihrer Anleihekaufprogramme mehr in „grüne“ Anlagen investieren sollten. Das untergräbt aber das Prinzip der Marktneutralität und stellt damit die Unabhängigkeit der EZB in Frage. Lediglich wenn Ratingagenturen Klimarisiken in der Bewertung von Anlagen berücksichtigen, könnte die EZB zwischen bestimmten Anlagen differenzieren. Letztendlich bleibt die Anzahl von „grünen“ Anlagen limitiert. Außerdem müsste sich die EZB die Kritik gefallen lassen, bestimmte Sektoren zu subventionieren.

Die EZB sieht tiefergreifendes Handlungspotential im Rahmen der Bankenaufsicht. So schlug Christine Lagarde vor, Banken dazu zu verpflichten Klimarisiken in ihre Risikobewertungsmodelle mit aufzunehmen. Dies könnte dazu führen, dass Banken höhere Rücklagen für Investitionen in „unsaubere“ Anlagen bilden müssten. Der gesetzliche Rahmen in der Europäische Union (EU) lässt dies noch nicht zu.

Die EZB überprüft derzeit ihre geldpolitische Ausrichtung, was wiederum die Möglichkeit schafft Klimarisiken in gewissen Aktivitäten zu berücksichtigen. Es ist davon auszugehen, dass dies nur geschieht, wenn das eigentliche Mandat und die Unabhängigkeit der EZB nicht gefährdet sind. Es ist also ein gewisser Balanceakt, den aber nicht nur die EZB zu leisten hat. Klimaschutz bedeutet für alle gesellschaftlichen Bereiche (Unternehmen, Staat, Individuen) die Integration von Umweltbelangen in die alltäglichen Aktivitäten. Doch auch das sieht nicht jeder so. So ist der Bundesbankpräsident, Jens Weidmann, der Meinung, dass Klimaschutz vor allem Aufgabe von gewählten Politikern sei. Ob die Zurückweisung von Verantwortung der richtige Weg ist, wird sich zukünftig zeigen.

Gefällt Ihnen unser Zins-Kommentar und haben Sie Wünsche oder Anregungen? Dann schreibe uns gerne direkt an neuwirth@neuwirth.de.

Du willst dein Wissen rund um Immobilien-Investments und Zinspolitik erweitern und die Gelegenheit zum Networking nutzen? Dann sicher dir jetzt dein Ticket für die Immobilien Investment Konferenz 2020!

 

Dann melde dich dich jetzt für die Immobilien Investment Konferenz an!

Vimeo

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Vimeo.
Mehr erfahren

Video laden