Von Jörg Winterlich

Die meisten Immobilienmakler arbeiten im Bereich Vermietung oder Verkauf von Eigentumswohnungen und Kapitalanlagen. Die Kunden sind typischerweise „Einmaltäter“, Kaufentscheidungen werden aufgrund persönlicher Präferenzen sowie des Geschmacks getroffen. Nur ein kleiner Teil der Makler beschäftigt sich mit privaten Profi-Anlegern und Investoren. Gerade diese Kundengruppe ist besonders interessant, denn Entscheidungen werden sehr zielgerichtet und eher rational getroffen, die Arbeitsweise ist professionell, und vor allem sind diese Käufer „Wiederholungstäter“. Um sich Zugang zu dieser Kundengruppe zu verschaffen und eine dauerhafte Partnerschaft aufzubauen, muss der Makler beziehungsweise der Immobiliendienstleister erstens über ein tiefergehendes Investment-Verständnis verfügen, zweitens für die entsprechende Organisation und Informationsaufbereitung in seinem Unternehmen sorgen und drittens überhaupt erst einmal erkennen, welcher Typ von Interessent eigentlich vor ihm steht.

Wenn in diesem Artikel von Profi-Anlegern und Investoren gesprochen wird, beziehen wir uns vor allem auf Privatpersonen und Unternehmer, die direkt oder über eine vorgeschaltete Firma Immobilien erwerben, bewirtschaften und gegebenenfalls wieder verkaufen. Viele der hier genannten Themenpunkte sind auch für den Umgang mit institutionellen Anlegern relevant, jedoch gibt es hinsichtlich der Herangehensweise und der notwendigen Betreuung einige Unterschiede. In der zurzeit oft mit Vehemenz geführten Debatte um die Außenprovisionen ist zu sagen, dass Profi-Anleger und Investoren mit einer Außenprovisionen oder Zusatzzahlung wenig Probleme haben. Teilweise macht eine Außenprovision besonders Sinn, denn ein ProfiAnleger/Investor erteilt meist eine dauerhafte Suchanfrage mit dem Anspruch, dass der Makler ihm möglichst stets als Ersten entsprechende Objekte mit Wertentwicklungspotenzial anbietet.

Wie erkennt man einen Profianleger oder Investor?

Ruft man heute in Immobilienbüros an, so wird meist nach den Suchwünschen in Form von Objektkriterien (Lage, Quadratmeter, Preis, Faktoren) gefragt und diese Suchwünsche werden in eine Software eingetippt. Nur eines von zehn Maklerbüros macht sich die Mühe, den Hintergrund des jeweiligen Gesuchs zu erfragen und so klar zu erkennen, mit welcher Art von Interessenten man es zu tun hat. Statt dem Abfragen von Eckdaten erscheinen zuerst folgende Fragen sinnvoll: „Herr Interessent, wo würden Sie sich eher einordnen? Kaufen Sie zum ersten Mal eine Immobilie oder haben Sie bereits Immobilien erworben? Beziehungsweise: Haben Sie bereits ein eigenes Immobilienportfolio?“ 

Die Art und Weise, wie diese Frage gestellt wird, ist wichtig für die Qualität und Aussagekraft dieser Antwort. Würden Sie jemandem die direkte Frage stellen: „Wieviel verdienen Sie denn pro Monat?“, geben weniger als 25 Prozent der Befragten überhaupt eine Antwort. Stellt man dagegen dieselbe Frage wie folgt: „In welche monatliche Einkommensgröße würden Sie sich eher einordnen, bis 2.000 Euro, 2.000 bis 5.000 Euro oder 5.000 Euro und mehr?“, so geben etwa zwei Drittel aller Befragten eine zutreffende Einordnung. Derselben Technik bedienen wir uns also hier. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand überhaupt nicht antwortet oder eine falsche Zuordnung trifft, ist recht gering.
Gibt ein Interessent an, er habe noch nie eine Immobilie gekauft, kann ein gut organisierter Makler ihm eine spezielle hausinterne Broschüre für Erstkäufer überreichen. Hier erfährt unser Erstkauf-Interessent, auf welche Dinge er beim Erwerb einer Immobilie achten muss und wie das gesamte Prozedere des Im-mobilienkaufs abläuft. Zusätzlich ist ein solches Info-Heft noch mit einer dezenten Vorstellung des Maklerunternehmens und seiner Vorzüge verbunden, ebenso enthält es einen konkreten Leitfaden so-wie eine Aufgabenliste, die ein Interessent durcharbeiten sollte. Der Makler hat hiervon drei wesentliche Vorteile:
1. Er kann mit dieser Broschüre den Kunden von der Arbeitsqualität seines Unternehmens überzeugen und sich vom Wettbewerber absetzen, 2. er hält den Kontakt zu diesem Kunden mit einem minimalen Aufwand und 3. er kann erkennen, ob dieser Interessent tatsächlich kaufwillig und kaufbereit ist. Ein potenzieller Abschlusskandidat wird die Aufgaben in diesem Heft durcharbeiten und ist so für einen „Arbeitstermin“ gut vorbereitet. Zu den Aufgaben, die Sie einem Interessenten „erteilen“ können, gehört das Einholen seiner eigenen Bonitätsauskünfte bei den Auskunfteien oder die Vorbereitung erster Unterlagen für eine Finanzierung.  Für jemanden, der sich in die Gruppe 2 einordnet, das heißt, er hat bereits ein oder mehrere Objekte gekauft, ergibt sich die weiterführende Frage: „Mit welcher Art Immobilien haben Sie denn welche Erfahrungen gemacht?“ und „Welche Art von Objekt möchten Sie denn jetzt dazu kaufen und was möchten Sie damit machen?“.

Diese Fragen sind bewusst offen formuliert und hier heißt es vor allem, zuhören und gegebenenfalls nachfragen. Da wir es ja bereits mit „Tätern“ zu tun haben, ist es wichtig, deren Motivation und Ängste sowie deren Erleben zu kennen. Die meisten dieser Leute sind klassische Kapitalanleger, die Immobilien wegen so genannter Seitenvorteile (Steuervorteile, Angst vor Inflation, Prestige) erworben haben und mit dem „Geschäftsbetrieb Immobilie“ weniger vertraut sind.

Ordnet sich jemand in Alternative 3 ein, ist auch die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich um einen Profi-Anleger oder Investor handelt. Natürlich kann es auch vorkommen, dass ein klassischer Kapitalanleger einen Objektbestand aufbaut. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist jedoch nicht sehr hoch (wohl um die 20 Prozent), da viele klassische Kapitalanleger nicht über ein ausreichendes Hintergrundwissen und oftmals über eher negative Erfahrungen aus eigenen Immobilienanlagen verfügen. Die meisten aus Alternative 3 sind also den Profi-Anlegern/ Investoren zuzuordnen, sie benötigen eine ganz andere Behandlung und Zuarbeit als ein Erstkäufer oder klassischer Kapitalanleger. Unsere weiterführenden Fragen lauten also:

„Worauf sind Sie spezialisiert, wo haben Sie Ihre Erfahrungen?“ sowie „Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Portfolio und mit Ihrem nächsten Immobilienkauf?“ (analog zu Alternative 2).

Wie Profi-Anleger/Investoren ticken

Diese Käufergruppen kaufen Immobilien, weil sie deren Geschäftsbetrieb verstehen und Optimierungen vornehmen können. Sie kennen die Märkte explizit und wissen um deren Stärken und Schwächen. So genannte Seitenvorteile sind nicht entscheidungsrelevant, sie können jedoch den Gewinn aus dem originären Geschäftsbetrieb noch einmal deutlich steigern. Profi-Anleger/ Investoren verstehen explizit die Investmentkalkulationen und führen eine eigene Risikoanalyse durch. Die gesamte Handlungsweise ist sehr klar und zielgerichtet, Entscheidungen werden weitgehend auf rationaler Basis getroffen.

Welche Organisation und Information sollte beim Umgang mitProfianlegern/Investoren vorhanden sein

Profi Anleger und Investoren benötigen weder eine Sammlung werbeträchtiger bunter Bilder noch blumige und wohlwollende Beschreibungstexte. Gefordert werden stattdessen klare Sachinformationen, Dokumente und finanzielle Kennzahlen. Wenn ein Makler ein Objekt anbietet, sollte er weitgehend vollständige Objektunterlagen liefern können und so den Interessenten in die Lage versetzen, seine Due Diligence durchzuführen. Dazu gehören unter anderem vollständige und umfassende Mietübersichten mit allen Kennkriterien (!), Ausstattungsbeschreibungen, verwertbare Grundrisse, Lagepläne, Angaben/Bestätigungen zum Baulastenverzeichnis, zum Denkmalschutz, zum Altlastenverzeichnis etc.. Wichtig ist es, die Mietverträge (insbesondere bei Gewerbe) mitzuliefern. Ein sachkundiger Makler sollte das Objekt vorher selbst ausführlich besichtigt haben und in der Lage sein, eine eigene Analyse beziehungsweise ein Stärkenund Schwächenprofil vom Objekt zu zeichnen.All diese Angaben müssennicht in das erste Exposé, jedoch sollten diese Informationen auf Anfrage sofort bereitstehen. Nach Übersendung des Erst-Exposés an einen Interessenten empfiehlt sich ein (telefonischer) Besprechungstermin, bei dem der Makler aus seiner Sicht die Vor- und Nachteile sowie die Entwicklungsmöglichkeiten des Objektes etwas näher beschreibt. Im Mittelpunkt steht die Frage „Wo liegt die Chance?“, wo und wie sind also für einen ProfiAnleger oder Investor Mehrwerte mit diesem Objekt zu erheben? Hierbei wird nicht auf die mittel- und langfristige inflationsbedingte Preissteigerung gezielt, sondern auf die tatsächliche zeitnahe Werthebung durch Optimierung der Wirtschaftlichkeit.

Wo liegt die Chance?

Ein Profi Anleger/Investor kauft Immobilien, um damit Geld zu verdienen. Für jedes Objekt sollten es mehrere umsetzbare Strategien geben, um unabhängiger von Markteinflüssen zu sein und jederzeit aktiv handeln zu können. Viele klassische Kapitalanleger kennen meistens nur eine Strategie (Kaufen, zehn Jahre halten und hoffen), kennen nur eine Finanzierungsquelle (die Bank) und sehen sich Markteinflüssen meist ungeschützt ausgesetzt. Deshalb macht es auch für einen Makler Sinn, eine ganze Reihe möglicher Geschäftsmodelle, Strategien, Finanzierungsquellen und vor allem die Investmentkalkulationen sowie Entwicklungspotenziale für Objekte zu kennen. Schauen wir uns kurz mögliche Chancen für Immobilienobjekte an. Dazu gehören:

  • günstiger Einkaufspreis verglichen mit dem normalen Marktumfeld,
  • Nachvermietungen zum Beispiel für Stellplätze, Garagen, Hobbyräume etc.,
  • Nutzflächenerweiterungen, wie der mögliche Ausbau eines Dachgeschosses oder einer Remise, können ebenso interessant sein wie
  • Mietanpassungen aufgrund des Mietspiegels oder in der Neuvermietung,
  • eine Umnutzung des Objektes (zum Beispiel Gewerbe in Wohnen, Wohnen in Gewerbe oder Änderung des Gewerbetyps) lassen möglicherweise ebenso interessante Entwicklungen zu wie auch
  • Renovierungen oder
  • Sanierungen oder
  • eine mögliche Abtrennung eines Grundstücksteils.
  • Bei Aufteilungen können zusammenhängende Häuser in Teilhäuser beziehungsweise   Mehrfamilienhäuser in WEG gewandelt werden.
  • Mögliche Nutzwerterhöhungen für spezielle Zielkundengruppen können ebenso interessant sein wie
  • eine Emotionalisierung und optische Aufwertung oder
  • die interne Lösung von externen Objektproblemen (Lärm bzw. Sicht).
  • Interessant sind auch Informationen zu einer im Markt noch nicht allgemein bekannten beziehungsweise noch nicht eingepreisten Aufwertung der Mikrolage oder der Makrolage.

Ist ein Makler in der Lage, diese Chancen zu erkennen und zu benennen, kann er nicht nur wesentlich gezielter an seine Profi-Anleger/Investoren herantreten, vor allem sind diese bereit, mehr und schneller ihre Provisionen zu bezahlen. Der Makler ist hierbei nicht mehr nur Adressenvermittler und Informationsverteiler, sondern er nimmt eine echte Fach- und Beraterpositionen ein. Das typische Problem, über das viele Makler klagen, dass der Makler nach Kontaktherstellung nur noch geduldet wird und oft um seine Provision bangen muss, wird hiermit weitgehend beseitigt. Ganz im Gegenteil – der Makler ist nun gern gesehener und notwendiger Partner des Immobilienkäufers.

Jörg Winterlich, Management Consultant, ist ehemaliger Gründer und Vorstand der FlowFact AG. 2007 verkaufte er seine Anteile und arbeitet derzeit an neuen Vorhaben. E-Mail: contact@jwmc.de